Gibt es den Landkreis Leonberg bald wieder?
Im Rahmen der Vorbereitung auf die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Landkreises Böblingen fällt dem Stadtarchiv eine wichtige Vereinbarung vom 2. März 1973 in die Hände, die zwischen den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen mit dem damaligen Leonberger Landkreis geschlossen wurde. Demnach kann die Stadt Leonberg bis zum 31. März 2023 Beschwerde gegen die Kreisgebietsreform beim Regierungspräsidium einlegen.
Böblinger Landrad Roland Bernhard, Oberbürgermeister Martin Georg Cohn und Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier am Wappen des Altkreises Leonberg. | © Sebastian Küster
Vereinbarung macht es möglich
Dieses Jahr feiert der Landkreis Böblingen sein 50-jähriges Bestehen. Im Jahr 1973 fand die Kreisgebietsreform statt, der Altkreis Leonberg wurde aufgelöst und hat sich mit Böblingen vereinigt. Zur Vorbereitung eines Videogrußes des Oberbürgermeisters Martin Georg Cohn, der über die Sozialen Medien des Kreises veröffentlicht werden soll, wurde das Stadtarchiv gebeten, die Regale nach historischen Dokumenten zur Kreisgebietsreform, zu durchforsten. Bei der Suche fiel den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zunächst vermeintlich unscheinbare Anlage des damaligen Vertrages zur Kreisgebietsreform in die Hände, die über die vergangenen Jahrzehnte, scheinbar in Vergessenheit geriet.
Der entscheidende Passus im Vertrag findet sich unter Ziffer 1.4, wonach die Stadt Leonberg mit einer Frist von 50 Jahren nach Vertragsschluss, die Möglichkeit hat, Beschwerde über die Kreisreform einzulegen, weil damals nicht klar war, welche Auswirkungen die Reform haben wird. Diese Frist läuft am Freitag, 31. März, aus.
In der Zwischenzeit wurde immer wieder deutlich, dass der Landkreis Leonberg einen hohen Stellenwert in der Region hat. So macht etwa die Rückkehr zum Leonberger LEO-Autokennzeichen deutlich, wie wichtig die Identität der Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Altkreis bis heute ist. Das damalige Landkreiswappen wird nach wie vor in Ehren gehalten, ziert das Dach des Parkhauses am Neuen Rathaus und soll wiedereingeführt werden, wenn die Landkreisreform rückgängig gemacht werden kann.
"Im Rahmen einer Eilentscheidung habe ich fristwahrend gegenüber den zuständigen Behörden auf Grundlage des Vertrages die Erklärung abgegeben, dass die Stadt Leonberg Beschwerde gegen die Kreisgebietsreform eingelegt hat. Darüber hinaus bedarf es der Bestätigung des Gemeinderates, die in der Sitzung des 4. April eingeholt werden soll", so Oberbürgermeister Martin Georg Cohn.
Für Landrat Roland Bernhard kommt die Ankündigung aus Leonberg völlig überraschend. „Unsere Vorbereitungen zur Jubiläumsfeier sind in vollem Gange – und nun sowas. Wir haben fünf Jahrzehnte lang größte Anstrengungen unternommen, um zusammenzuwachsen. Schienenverbindungen wie die S60 zwischen Böblingen und Renningen oder der Bau der B464 von Sindelfingen nach Renningen haben Nord- und Südkreis nähergebracht. Unsere Investitionen der vergangenen Jahre in die Kreisklinik Leonberg haben den Stellenwert von Leonberg unterstrichen. Die Wiedereinführung des LEO-Kennzeichen hat wohl mehr Begehrlichkeiten geweckt, als mir lieb ist", zeigt sich Bernhard erstaunt. "Dabei ist meine Sympathie für Leonberg riesig. Für mich persönlich steht daher fest, dass ich im neu auferstandenen Landkreis Leonberg bis auf Weiteres als Landrat kandidieren werde. Wir haben das Land gebeten zu prüfen, ob eine Person in zwei Kreisen Landrat sein kann. Notfalls übernehme ich die Aufgabe ehrenamtlich."
"Bei allem Verständnis für die Leonberger Haltung: Wir werden Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen und Korntal-Münchingen schmerzlich vermissen", kommentiert Dietmar Allgaier, Landrat des Landkreises Ludwigsburg. Er zeigte sich erleichtert, dass im Stadtarchiv von Vaihingen/Enz offenbar keine solche Klausel gefunden wurde. "Sonst würde sich Vaihingen womöglich Oberderdingen, Mühlacker und den Rest seines Altkreises zurückholen. Und der Kreis Ludwigsburg würde dann wirklich sehr geschrumpft dastehen", sagt Landrat Dietmar Allgaier.